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Dienstag, 17. Juli 2012

Fallstudie: Lou Noble – Fotograf

Eine Fallstudie von Carlo Schwarzmann

Lou Noble ist ein Fotograf aus Los Angeles, der es in besonderer Weise versteht, vor allem Portrait-Fotos zu schießen. In seinen Werken trifft er Menschen in besonderen Augenblicken, in Zehntelsekunden, in denen es scheint, als sei die Welt für jenen Moment aus den Fugen geraten. Gepaart wird diese Raffinesse mit einer exzellenten Beherrschung der Kameratechnik. Mit diesen fotografischen Qualitäten und intensiver Social Media-Nutzung baute sich Noble große Bekanntheit und hochwertige Reputation auf.

Steckbrief

Alter: 34 Jahre
Beruf:Rettungssanitäter
Hobby: Fotograf
Wohnort: Los Angeles
1996: Beginn der Polaroidfotografie

Überblick

Noble hat 1996 mit der Polaroidfotografie begonnen und schoss damit einige Fotos zum Spaß. Im Laufe der Zeit entdeckte er die Fotografie immer mehr als sein passioniertes Hobby und neun Jahre später fing er an, der Polaroidfotografie ernsthaft nachzugehen. Die Fotoplattform Flickr half mit ihrer ausgedehnten Community, ihn in seinem Schaffen voranzutreiben, indem er stets Feedback auf seine Arbeit bekam und ihn hilfreiche Tips immer besser werden ließen. Heute ist Noble mehr mit der Digitalfotografie verwurzelt.
Die aktuellen Digitalkameras sind besonders schnell und lassen ihn manche Situationen einfach zügiger einfangen. Polaroidkameras hingegen sind deutlich langsamer und können das gewünschte Ergebnis manchmal nicht umsetzen. Herausragend ist allerdings die einzigartige Farbpalette von Polaroidfotografien, die mit anderen Kameras in unbearbeitetem Zustand nicht zu erreichen ist. Auf der „Entdecken-Seite“ von Flickr und in vielen anderen Bereichen kristallisiert sich tatsächlich ein Trend des „post processing“ digitaler Bilder (zum Beispiel mit Photoshop) heraus. Für Noble war das aber nie ein Thema: Fast alle seiner Bilder kommen als Rohdaten aus der Kamera und werden unbearbeitet veröffentlicht. „If it has to be adjusted in post, then I didn’t do it right.“
Für viele wurde der Fotograf im Internet bekannt. Dort ist er auf verschiedenen Portalen vertreten, darunter Flickr, Tumblr, Facebook, Twitter sowie seinem eigenen Blog und seiner Website. In einem ausführlichen Interview konnte mir Lou Noble erklären, warum und wie oft er die genannten Portale verwendet und ob sich dies auf seine Arbeit auswirkt, bzw. neue Kunden akquiriert.

Website

Seine Website ist sowohl hinsichtlich der Fülle an Informationen als auch farblich schlicht gehalten und wird nicht aktualisiert. Sie stellt eher eine Online-Visitenkarte dar, auf der er kurz beschreibt, wer er ist und was er macht. Die Seite verweist auf seine weiteren Profile im Netz und bietet die Möglichkeit zur direkten Kontaktaufnahme.
http://louobedlam.com/home.html
http://blog.louobedlam.com/

Twitter

Auf seiner Twitter-Seite erstellt er ebenfalls fast täglich zumeist Antworten auf Fragen von Fans über seine Projekte, schreibt aber auch vereinzelt private Dinge wie Gedanken und Meinungen über alles, was in der Welt geschieht.
https://twitter.com/louobedlam

Flickr

Die Foto-Community Flickr befüllt der Fotograf fast täglich mit neuen Fotos, die von der Flickr-Fan-Gemeinde dann kommentiert und verbal bewertet werden.
http://www.flickr.com/photos/louobedlam

Tumblr

Auf Tumblr existiert keine von ihm betriebene Seite. Vielmehr sind dort viele seiner Fotos von anderen Nutzern mit seinem Namen markiert worden (tagging). Die Häufigkeit der Verlinkungen lässt Aufschluss darüber geben, wie groß die Fangemeinde um Lou Noble ist.

Interview

Noble erklärt, dass er vor einigen Jahren damit angefangen habe, jeden Tag auf Flickr und Tumblr zu posten. Die tägliche Aktivität habe ihm sehr geholfen, eine Beziehung zu anderen Menschen und Fans aufzubauen und zu erhalten. Nach einer gewissen Zeit wurde es jedoch anstrengend, diese Kontinuität beizubehalten und er zog sich ein wenig aus dem Internet zurück, was einen Rückgang des Besucherverkehrs auf den verschiedenen Seiten zur Folge hatte. Heute, erklärt er, poste er unkontrolliert: Manchmal direkt nach einem Shooting, wenn er Leuten zeigen möchte, woran er gerade arbeitet, andererseits dann, wenn er einfach mit Menschen in Kontakt treten möchte.
„At this point there is no guidebook for when and how often, it's just according to how I feel.“
Noble konnte nicht explizit sagen, wieviel Zeit er täglich bzw. wöchentlich damit zubringt, für die Kanäle zu schreiben. Das ist durch die Unkontrolliertheit nicht genau zu bestimmen. Zwischen den Zeilen ließ sich jedoch erahnen, dass er nicht länger als 30 Minuten täglich seine Kanäle befüllt. Die Beiträge sind aus dem Bauch heraus und spontan geschrieben und es bedarf keiner redaktionellen Recherche oder Konzepte. Er benutzt außerdem die Software iPhoto, die es ermöglicht, schnell und direkt aus dem Programm heraus Fotos auf Flickr hochzuladen.
Wenn für ihn ein Projekt spannender ist, schreibe er auch öfter als normalerweise. In der Anfangsphase als Fotograf war für ihn das Feedback von Online-Freunden und Mitstreitern sehr wichtig. Dieses schuf eine gemeinschaftliche Atmosphäre und trieb ihn an, immer mehr Fotos zu machen. Er liebe die Konversationen mit Menschen, die seinen Arbeiten geschuldet sind. Heutzutage sei jedoch leider ein Rückgang der Communities auf vielen Portalen wie Flickr zu finden. Während früher noch mehr kommentiert und bewertet wurde, beschränke sich dies heute nur noch auf einzelne Personen.
„The community that once existed on Flickr has pretty much disappeared.“
Den Rückgang auf Flickr nahm er jedoch nicht als Anlass, um auf anderen Plattformen aktiv zu werden. Jede Plattform habe ihre eigenen Vorzüge und auf diesen haben sich neue Gemeinschaften etabliert.
Seine Bilder seien heute aber nur noch seiner inneren Leidenschaft geschuldet, als dass er durch das Internet dadurch angetrieben würde.
Zwischen diesen Zeilen des Interviews ließ sich erkennen, dass Noble finanziell so unabhängig zu sein scheint, dass die Social-Media-Nutzung als finanzielle Grundlage für seine Fotografie gar nicht mehr so bedeutend ist. Er nutzt die Netzwerke viel mehr für sich selbst; weil sie ihm Spaß bringen, er seine Arbeiten zeigen und mit Menschen kommunizieren kann.
Seine Präsenz im Netz habe auf jeden Fall Auswirkungen auf seine Arbeit: Durch seine Online-Aktivität wurden bereits viele seiner späteren Klienten auf ihn aufmerksam. Noble nutzt die Fotografie aber erstaunlicherweise nicht als Haupteinnahmequelle. In einem anderen Interview erklärte er, dass er eigentlich als Rettungssanitäter in L.A. arbeitet und Menschenleben rettet. Das Fotografieren sei für ihn immer ein Hobby gewesen. Dennoch hat er mit seinen Fotos einen solchen Erfolg, dass eines zum Beispiel das Titelfoto der Februarausgabe 2011 der NEON wurde.
Die Frage, ob es für ihn „die beste“ Plattform gibt, ist für ihn schwierig zu beantworten. Auf Tumblr sei es schwer, einen Gesamtüberblick über Beiträge zu bekommen, weil die Seite durch die ausdehnbare Chronologie und das damit verbundene Scrollen schlecht aufbereitet sei. Facebook sei da schon besser, aber mit der Einführung der Chronik geht die Seite in eine ähnliche Richtung und ein „vor und zurück“ der Beitragssichtung sei mit Aufwand verbunden.
„(...) due to the scrolling nature of the site, it's hard to hold the attention of the community.“
Noble nutzt Flickr, Tumblr, Facebook und Twitter bewusst und aus verschiedenen Gründen: Er kann erstens gut mit ihnen umgehen und mit jedem einzelnen Portal lässt sich zweitens ein gewisser Kreis an Menschen erreichen. Die meisten eigenen sich ausgezeichnet, um Fotos zu teilen und darzustellen. Eine Seite wie Pinterest würde er allerdings nicht nutzen, da sie lediglich Fotos sammle, anstatt diese auf ordentliche Weise zum Betrachten darzustellen. Und eine Sammel-Funktion ist nicht das, was er anstrebt:
„It's not a particularly good place to really sit and absorb work. It's definitely not a place for a conversation.“

Fazit

Lou Noble pflegt einerseits eigens erstellte Seiten: Seine eigene Website, die er nicht aktualisiert und lediglich als Portfolio verwendet, und seinen Blog, den er täglich aktualisiert. Höchste Priorität scheinen für ihn andererseits die bekannten Social-Media-Portale zu haben: Auf Flickr, Tumblr, Twitter und Facebook haben sich jeweils eigene Communities ausgebildet, die er mit seinen täglichen Posts erreicht. Wegen der Bekanntheit der Portale und der Zahl der Menschen, die diese verwenden, können dort auch leichter Communities entstehen als auf seinen privaten Webseiten. Und die Kommunikation mit Menschen ist ihm sehr wichtig. Die Füllung der Kanäle (vor allem Flickr und Twitter) scheint für ihn also am Wirkungsvollsten zu sein. Noble sieht für eine bessere Content-Darstellung auf den Portalen aber immer noch Potential: So könnte eine chronologische Darstellung zum Scrollen von einer übersichtlicheren Variante – wie Flickr es mit vielen kleinen Thumbnails auf einer Webseite vormacht – abgelöst werden. Die Zukunft wird es zeigen.

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